Heuberger Bote 03.01.2009


SPAICHINGEN – „Bis an die Grenze“ heißt es nicht nur im Training des Nachwuchses der Turnschule des Turnvereins Spaichingen, sondern auch bei den Wettkämpfen, an denen sie teilnehmen. Wir waren bei einem Training der sieben- bis elfjährigen Sprösslinge dabei.

 

Die filzige Bodenturnmatte ist ausgerollt. Mädchen und Jungs mit dünnen Beinen und Ballettschuhen an den Füßen hüpfen sich ein. Dann wird gedehnt: nach links, nach rechts. Das ist wohl zu wenig. „Bis an die Grenze!“, ruft die Trainerin Kim Wilschko in militärischem Ton, dass es in der Halle schallt. „Was hab ich gesagt? Hände weg!“ So soll also ein Spagat aussehen, und wer nicht bis ganz nach unten kommt… Gibt’s nicht. Jeder muss, und wenn’s klemmt, muss halt von oben ein wenig gedrückt werden.

 

„Wenn man einmal unten ist, tut’s nicht mehr weh“, pflegt die Trainerin Monika Rees zu sagen und lacht, wenn sie die Jungs anguckt, die mit dem Spagat am Anfang noch ihre Schwierigkeiten gehabt haben. Wir sind in der Talentschule des Turnvereins Spaichingen. Stufe zwei. Das heißt, hier trainieren sieben- bis elfjährige Kinder dreimal die Woche Leistungssport. „Die Kinder wollen Leistung, die wollen den Wettkampf“, sagt Stefan Leuthe, der Trainer der Jungs. „Heute sind Ringe dran“, sagt er, und die Kinder wissen, was zu tun ist. Sie holen den Mattenwagen, Magnesia und lassen die Ringe von der Decke. So steigen die kleinen Knirpse, gerade mal zehn oder 20 Zentimeter über die Metermarke hinausgewachsen auf den Kasten. Hängen sich 1,50 Meter über dem Boden in die Ringe ein und ziehen sich hoch. Stehen kurz kopfüber und schwingen durch. Was ist da bloß mit der Sicherheit? „Die Kinder wissen schon, was sie können. Wenn sie im Wettkampf sind, steh ich ja auch nicht daneben und kann helfen“, sagt Leuthe. Und bei Wettkämpfen nehmen die Kinder regelmäßig teil. Etwa siebenmal im Jahr. Landesweit sogar. „Und ich muss sagen, dass unsere Jugend bei den Landesmeisterschaften sehr erfolgreich ist und auch Podestplätze schon erreicht hat“, sagt Leuthe ein wenig stolz auf seine Arbeit.

 

Sechs Stunden Training

 

Denn sechs Stunden in der Woche schenkt er seine Zeit der Turnerjugend, denn die trainieren an den drei Tagen jeweils zwei Stunden. „Und es macht Spaß, weil Turnen mehr als ein Sport ist. Ich selbst bin mit dem Turnen aufgewachsen und da möchte man der Jugend etwas weitergeben. Wenn man älter ist, kommen zum Training dann noch die Turnfeste dazu!“

 

Die Talentschule ist auf Leistung getrimmt. Von Anfang an. Denn nicht jeder kommt in die Turnschule. Bevor ein Kind Mitglied wird, muss es einen Einstiegstest machen. Seilklettern, Krafttraining, Hindernislauf und Aufnahmefähigkeit – auf das werden die Kinder geprüft, und das müssen sie können. „40 bis 50 Bewerbungen haben wir jedes Jahr auf 20 Plätze“, berichtet Monika Rees. Vier bis fünf Trainer kümmern sich dann um die Kinder. Zurzeit sind es zehn Jungs und acht Mädels in Stufe zwei.

 

Das Training in der Turnschule ist an Vorgaben des Schwäbischen Turnerbundes (STB) gebunden. Es müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, wie zum Beispiel lizensierte Trainer und eine geeignete Halle muss zur Verfügung stehen. Die Turner gehen dazu in die Sporthalle der Schillerschule. Erst dann darf ein Training „STB Turnschule“ heißen, die früher Talentschule hieß. Seit vier Jahren biete der TV diese schon an, so Leuthe. Ziel der Turnschule sei dann, dass die Kinder über die Talentiaden und das Kaderturnen einmal beim Ligaturnen teilnehmen können.

 

Der TV bietet für Kinder drei Möglichkeiten: Sie können zum allgemeinen Turnen gehen – dies ist für die Freizeitsportler gedacht. Dabei trifft man sich einmal die Woche. Oder es wird das Förderturnen gewählt, bei dem man sich zweimal die Woche trifft. Option Nummer drei ist dann die Turnschule, der Leistungssport.

 

Eine Schinderei – aber cool

 

„Turnen ist schon eine Schinderei“, gibt Stefan Leuthe zu, „denn irgendwann kommt man an den Punkt, an dem nichts mehr geht.“ Das haben die achtjährigen Turner Andreas Hirsch und Daniel Schneider auch schon erfahren müssen. „Manchmal ist es schon schwer“, sagen beide und fast im Chor. Aber trotzdem sind sie begeistert: „Alles macht Spaß und vor allem Handstandüberschlag ist richtig cool.“

 

So geht es flick, flack. Die Kinder turnen an den Ringen, machen Saltos, schwingen am Pferd und am Barren. Vielleicht kommt ja doch einmal jemand aus dem Turnnachwuchs bis an die Grenze…